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Berufliche Weiterbildung - Baustein für Beschäftigungsperspektiven

Eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft in Berlin bildet 40 Beschäftigte zum Immobilienkaufmann aus und betreibt damit Zukunftssicherung.
Tanja Rottmann, Betriebsrätin:

Aus der DGB-Index Erhebung 2008 wissen wir, dass 70% der Beschäftigten Gute Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten für äußerst oder sehr wichtig halten. Jedoch
  • 68% berichten, dass sie keine oder nur in geringem Maße Angebote zur Weiterqualifizierung erhalten,
  • 55% sagen, dass Weiterbildung und Personalentwicklung für ihre Vorgesetzten keinen oder nur einen geringen Stellenwert haben,
  • 48% arbeiten unter Bedingungen, unter denen ihnen die Weiterentwicklung ihres Wissens und Könnens nicht oder nur in geringem Maße möglich ist.
Dass es auch anders geht, zeigt die Praxis einer Berliner Wohnungsbaugesellschaft.

Die Vorgeschichte

Anfang bis Mitte der 90´ Jahre gab es in den beiden früheren (Vorläufer)Gesellschaften regelmäßig Angebote zur Weiterbildung in immobilien-spezifischer Richtung nämlich Fernlehrgänge (kein IHK-Abschluss) und/oder berufsbegleitende Ausbildung (IHK-Abschluss).

Dann stoppte der Prozess durch die Fusion und rückte auch nicht mehr in den Fokus bis 2007.

Anfang 2007 erfolgte ein Personalabbau, wobei sich die Sozialauswahl zum ersten Mal auf die neue Rechtssprechung stützte und die Qualifikationsmerkmale der Mitarbeiter berücksichtigt wurden. Anerkannt als spezifische Ausbildung wurde
  • Wirtschaftskaufmann, Fachrichtung Wohnungswirtschaft (DDR)
  • Kauffrau/Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft (IHK)
  • und höherwertige Ausbildungen (Studium, Fachwirt usw.)
Für notwendig erachtet wurde der Abschluss in den Bereichen
  • Kundenbetreuung (Mieterverwaltung)
  • Vermietung
  • Zentralservice
  • Betriebskosten
  • Mahn- und Klagewesen
Aus diesen Bereichen wurde insgesamt sieben Kolleginnen ohne spezifische Ausbildung betriebsbedingt gekündigt, diese standen auf den Sozialauswahllisten an den unteren Positionen.

Die Konsequenz

Betriebsrat und Geschäftsführung waren sich schnell einig, dass die zunehmenden Herausforderungen an die Beschäftigten der Immobilienbranche eine sinnvolle und arbeitsmarktgerechte Ausbildung erfordern. Drei-Tages-Seminare und Fernkurse, deren Anerkennung in der Wirtschaft eher gering ist, standen demnach gar nicht zur Debatte.

Die nicht gekündigten Kolleginnen und Kollegen ohne Abschluss (72 von 120) erhielten nun auf Verlangen des Betriebsrates die Möglichkeit in einer innerbetrieblichen "Ausbildungsoffensive" den Abschluss als Immobilienkaufmann/-Kauffrau (so heißt der Beruf seit 2006) zu erwerben, um das Auswahlkriterium "Qualifikation" für die Zukunft möglichst zu beseitigen.

Der Zeitpunkt für den Beginn der Ausbildungsoffensive war gut gewählt ist. Nach Jahren des Personalabbaus haben Betriebsrat und Geschäftsführung eine Beschäftigungssicherung bis 31.12.2012 verhandelt. Diese Sicherheit schafft Vertrauen.

36 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Möglichkeit dieser einjährigen Ausbildung genutzt. Räume, Lehrmaterial, Lehrgangskosten trägt der Arbeitgeber, die Kolleginnen investieren ihre Freizeit, Bildungsurlaub wird angerechnet.

Von 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im operativen Bereich (also direkt am Mieter) werden, so denn alle Ihre Prüfungen vor der IHK bestehen, 75 % über den spezifischen Abschluss verfügen. Die Verbleibenden 25 % nehmen aus verschiedenen Gründen (Alter, Gesundheit, Persönliches) derzeit nicht an der Ausbildungsoffensive teil, werden aber regelmäßig über das Angebot informiert und können dies nachholen.

Der Betriebsrat sieht in der Ausbildungsoffensive vor allem die Vorteile für die Beschäftigten. Für jeden Einzelnen ist dies die Zukunftssicherung, die Möglichkeit einer eigenen beruflichen Entwicklung innerhalb und außerhalb des Betriebes. Besonders wichtig ist jedoch, dass auch diese Mitarbeiter mit den bereits Ausgebildeten gleichziehen und nicht die Verlierer bei Personalabbaumaßnahmen sind. Mit diesem Weiterbildungsangebot wurde zugleich der wichtigste Anspruch der Beschäftigten an Gute Arbeit, Beschäftigungssicherung und Zukunftsperspektiven, aufgenommen.

Der Arbeitgeber sieht die Vorteile für das Unternehmen. Flexibel einsetzbare Mitarbeiter, Effizienzgewinne durch die schnellere und rechtsichere Erledigung der Arbeitsaufgaben. Dies spielt insbesondere im Dienstleistungsbereich wie der Immobilienwirtschaft eine große Rolle.

Gewonnen haben somit alle!


Schlagworte zu diesem Beitrag: Qualifizierungs-/ Entwicklungsmöglichkeiten, Besondere Dienstleistungen

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